Summary
WLAN Planungen gelten als aufwändig und damit als teuer. Die systematische Aufschlüsselung des Planungsprozesses in Abschnitte eines WLAN Lebenszyklus soll aufzeigen, wie dieser Aufwand während der Vorplanungsphase durch eine Erweiterung des Planungshorizontes auf 10-15 Jahre mehr als gerechtfertigt werden kann.
Von René Kriedemann 2NDWAVE WLAN consulting
Abbildung 1: Die Ausbreitung von Funkzellen wird innerhalb der Planungssoftware Ekahau Site Survey in Form von Heatmaps dargestellt.
Gebäude können funktechnisch in 3D modelliert werden. Simulierte Funkzellen können durch übereinanderlegen mit vermessenen Funkzellen verglichen werden. Das Gebäudemodell ist so durch Referenzmessungen auf Teilflächen mit der funktechnischen Realität verifizierbar. In der Abbildung sind 4 von 14 Funkzellen einer Etage zur detaillierten Visualisierung der Empfangssignalstärke eingeschaltet und dargestellt.
Abbildung 2: Der Begriff „Site Survey“ oder eingedeutscht „Funkausleuchtung“ umfasst nur einen Teilaspekt der Planungsschritte, die zu einem reibungslosen WLAN Betrieb führen. Sie dient als Referenzmessung über Teilflächen der Überprüfung des gesamten Gebäudemodells.
Stimmt man die Planung auf maximale Nutzungsszenarien unter Beachtung des frequenztechnisch Sinnvollen ab, kann eine Planung für mehrere WLAN Produktzyklen und somit 10-15 Jahre gültig sein.
Trotz der stark zunehmenden Zahl von IT Endgeräten, die nicht mehr direkt via 100/1000 BaseT lokal vernetzt werden können weil ihnen schlicht die entsprechenden Schnittstellen fehlen, wird insbesondere bei Neubauten und Komplettsanierungen von ITK Infrastruktur in Bürogebäuden der systematischen Errichtung von WLAN Infrastruktur zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Die häufig zuständigen TGA Planer bringen in der Regel wenig Verständnis dafür auf, das WLAN ein integraler Bestandteil einer ITK Infrastruktur innerhalb von Bürogebäuden sein sollte. In Fehleinschätzung des sich rasant ändernden Nutzungsverhaltens von ITK Geräten und wegen diffuser Ängste hält sich die Ermutigung der Planer durch die Bauherren zur Einrichtung nachhaltig nutzbarer WLAN Infrastrukturen ebenfalls in engen Grenzen.
Im Gegensatz dazu haben sich universell anwendbare Planungsvorgaben für das Errichten einer Verkabelung breit etabliert. Pro 10 qm Bürofläche werden 2-3 (Computer-) Arbeitsplätze eingerichtet. Pro Arbeitsplatz sind 1 – 3 Datendosen vorgesehen (1*Telefon klassisch oder IP, 1*Daten, 1*Reserve). Pro 10 qm Bürofläche können also je nach Nutzungsintensität und Reservebedürfnis der Planer und Gebäudebetreiber zwischen 3 und 9 Datendosen vorgesehen werden. Bei 2.000 qm Büronutzfläche schwankt die zu projektierende Arbeitsplatzlinkanzahl also zwischen 600 und 1800. Die Planungsentscheidung ist eine Abwägung zwischen Kosten, künftiger Flexibilität und aggregierter Netzleistung.
Hier sollte die Planung der WLAN Infrastruktur einhaken. Das Problem ist eigentlich nur, das die bevorzugten Montageorte von Datendosen im Brüstungskanal oder im Fußbodentank für die Verkabelung von WLAN Access Points aus funktechnischer Sicht nicht nutzbar sind. WLAN AP´s sollten vorrangig in Deckenhöhe installiert sein. Die Festlegung der Montagepunkte folgt der Gebäudestruktur. Sie ist für jedes Gebäude individuell anhand eines Gebäudemodells zu ermitteln. Abb.1 gibt ein Beispiel für die WLAN Funkzellenplanung innerhalb eines Gebäudes.
Mit einer WLAN Planung werden die Montagepunkte für die AP´s und letztlich die Montagepunkte für die entsprechenden Datendosen festgelegt. Mit einer nachhaltig nutzbaren in die Verkabelungsinfrastruktur eingebetteten Verkabelung für WLAN Access Points wird die Flexibilität des Gesamtsystems mit Sicherheit erhöht. Die Netzleistung pro Dual Band WLAN Funkzelle kann basierend auf neuesten IEEE Standards (IEEE 802.11ac) den Wert von ca. 7,5 GBit/s brutto erreichen. Bereitet man sich auf die Nutzungsmöglichkeit von Frequenzspektren bei 60 GHz nach dem Standard
IEEE 802.11ad vor, sind zusätzlich 6,93 GBit/s abrufbar. (siehe Tab.1)
Jahr Standard-verabschiedung | IEEE Name | Spektrum GHz | Technologie (Signalspreizung, Modulation) | Max. Brutto Datenrate Mbit/s |
1997 | 802.11 | 2,4 | DSSS, QPSK | 2 |
1999 | 802.11a | 5 | OFDM, QAM 64 | 54 |
1999 | 802.11b | 2,4 | CCK, QPSK | 11 |
2003 | 802.11g | 2,4 | OFDM, QAM 64 | 54 |
2009 | 802.11n | 2,4 & 5 | OFDM, QAM 64, MIMO 1-4, Channelbonding 2*20 MHz | 600 * |
ab 2013 | 802.11ac | 5 | OFDM, QAM 256, MIMO 1-8, MU-MIMO-DL, Channelbonding 8*20 MHz | 6.930 * |
ab 2013 | 802.11ad | 60 | OFDM, QAM 256, MIMO 1-8, Channelbonding 8*20 MHz | 6.930 * |
* es werden die jeweils leistungsstärksten i.R. optional umzusetzenden Werte und Verfahren der jeweiligen Standarddefinitionen aufgeführt. Die Leistungsdaten der real existierenden Komponenten sind niedriger ! | ||||
DSSS: Direct Sequence Spread Spectrum (Barker Code) CCK: Complementary Code Keying OFDM: Orthogonal Frequency Division Multiplexing QPSK: Quadrature Phase Shift Keying 64-QAM: 64 Point Quadrature Amplitude Modulation 256-QAM: 256 Point Quadrature Amplitude Modulation | ||||
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Der nötige Material und der Montageaufwand kann in dem oben genannten Beispiel aus dem potentiellen Kostenblock für bis zu 1200 Arbeitsplatzlinks gedeckt werden, die im Gesamtplanungsprozess diskussionswürdig sind. Arbeitsplatzlinks werden zu Access-Point-Links portiert.
Eine neu geplante universelle Verkabelung soll 10-15 Jahre uneingeschränkt nutzbar sein. Die Leistungsfähigkeit der Verkabelungskomponenten gibt das traditionsbedingt her.
Bei AP Verkabelungen muss für mindestens 10 GBit/s und eine hochwertige PoE Stromversorgung nach IEEE 802.3 at vorgesorgt sein. Um den Nutzungshorizont der AP Verkabelung ebenfalls auf 10-15 Jahre zu heben, ist eine vorausschauende und systematische WLAN Planung nötig.
Abb. 2 zeigt, das es sich bei der umgangssprachlichen „Funkausleuchtung“ bzw. dem „Site Survey“ nur um einen Teilaspekt eines systematischen Planungsablaufes handelt.
Der Planungsprozess beginnt mit den Vorplanungen.
Wichtigstes Ergebnis der Vorplanungen ist ein Anforderungsprofil welches u.a. Mindestwerte für die Empfangssignalstärke (RSS) den Signal-Rausch Abstand (SNR) und die Redundanz (Anzahl von AP mit bestimmter Mindestsignalstärke) festlegt.
Ein Anforderungsprofil für „VoWLAN“ führt vor allem durch die hochwertigere Redundanz zu einem grösseren Mengengerüst als die Anforderung „e-mail/Web/Video“. Siehe Abb. 3.
Abbildung 3: In Anforderungsprofilen werden während der Vorplanung für alle Beteiligten (WLAN-Planer, Betreiber und Errichter) für den gesamten WLAN Infrastrukturlebenzyklus verbindliche Mindestwerte für die Empfangssignalstärke, den SNR und die Redundanz festgelegt. Zusätzlich kann für die Abnahmemessung eine Schwellwert für Paketlaufzeiten und Paketverlustraten vereinbart werden. Kanallastsimulationen sind ebenfalls möglich. Die Abbildung zeigt einen Screenshots von Ekahau Site Survey.
Zusätzliche Ressourcen (Funkzellen, AP´s) können durch eine detaillierte Kapazitätsplanung generiert werden. Hierfür ist die Anzahl der Nutzer und die Anzahl und Klasse von WiFi Endgeräten pro Nutzer zu ermitteln.
In Abb. 4 ist eine Nutzeranzahl von 200 für ein Bürogebäude festgelegt. Es wird davon ausgegangen, das alle Nutzer über ein Smartphone verfügen.
Weiterhin wird angenommen, das 50 % der Nutzer ausserdem je ein Tablet oder ein Notebook verwenden. Tablets und Notebooks sind als Dual Band Geräte definiert. Smartphones gelten derzeit als Geräte, die ausschliesslich im 2,4 GHz Band arbeiten. In unserem Zahlenbeispiel können sich je 50 % der Gesamtanzahl von Geräten auf die vorhandenen WLAN Bänder aufteilen.
Abbildung 4: Die Kapazitätsplanung von Ekahau Site Survey kann helfen die WLAN Resourcenplanung auf wesentlich längere Planungshorizonte zu projizieren als bisher allgemein üblich. Geräteklassen enthalten ein editierbares detailliertes Nutzerprofil. Dieses wird derzeit noch gleichmässig auf den WLAN Abdeckungsbereich eines Gebäudemodells verteilt. Es empfiehlt sich die Kapazitätsplanung mit maximal denkbaren Nutzerzahlen und Geräten zu erstellen. Für jede Geräteklasse lassen sich Dienste und Nutzungszeiten für diese Dienste editieren. Spitzenlasten mit Angabe eines Lastfaktors können ebenfalls konfiguriert werden.
Fazit
Die umfassende Neubewertung der Überlegungen zur Vorplanungsphase eines WLAN Lebenszyklus können die Ergebnisse einer heutigen WLAN Planung für Zeiträume nutzbar machen, die derzeit für Planungen von strukturierten Etagenverkabelungen üblich sind.
Der Boom bei Tablets und Smartphones und Marketingtrends wie BYOD verringern den Anteil von direkt per Kabel anschließbaren ITK Endgeräten. Der Bedarf an verkabelten Ports sollte bereits in aktuellen ITK Planungen reduziert und die Einsparungen für die hochwertige Verkabelung der WLAN Infrastruktur genutzt werden. Der vorgestellte WLAN Planungszyklus sollte deshalb schnellstens zum Denkmodell eines jeden ITK Planers werden.